Donnerstag, 2. August 2012

Rollenspiel Storys - Teil 2




So und hier die zweite Geschichte, 
viel Spass beim lesen und Danke nochmals an die Authorin.




Die Geschichte von Marcia Disavio

Marcia das Straßenmädchen prostetuierte sich auf der Straße um über die Runden zu kommen. Und das Problem mit Prostitution sind einfach die Nebenwirkungen. In Marcias Fall war es eine Schwangerschaft. Thier, Marcias Zuhälter, schlug sie übel zusammen. Aber sie verlor das Kind nicht. Marcia betrachtete das als Willen der Götter, entsprechend trug sie das Kind aus.
Thier arrangierte sich schließlich, indem er jemanden fand an den er das Kind verkaufen konnte. Marcia stimmte zu, sie wollte sicher stellen das ihr Kind nicht das durchmachen mußte, was sie ihr Leben nannte.
Und so kam es das nur Stunden nach Marcias Niederkunft eine echte Lady den schäbigen und stickigen Raum betrat. Wobei betreten in diesem Fall etwas falsch ist aber bei ihrer Ausstrahlung fiel das Marcia tatsächlich erst nachträglich auf, nämlich das die Dame von einem ernst guckendem Mann mittleren Alters getragen wurde und vorsichtig in einen extra von Thier angeschleppten Stuhl gesetzt wurde. Überhaupt wunderte Marcia sich, sie hatte Thier noch nie so eilfertig gesehen. Das war es wohl was die Menschen meinten, wenn sie sagten das Geld verändert. Sie konnte das nicht wissen, sie hatte noch nie Geld gehabt.
Aber die Dame vor ihr hatte ganz offensichtlich welches. Schön war sie, fast wie eine Puppe, so zerbrechlich. Das schwarze Haar war glänzend als würde es fließen und nicht fallen, wenn sie die Knoten am Hinterkopf lösen würde. Die Kleider glänzten genauso, Marcia hatte so einen Stoff noch nie gesehen. Genauso wenig wie die kompliziert Gestickten Muster auf ihrem schweren Mantel. Jetzt zog sie sich die glänzenden dunkelblauen Handschuhe aus und sah sie aus freundlichen braunen Augen an. „Du bist also Marcia und hast mein Kind geboren?“ Ihre Stimme war wesentlich kräftiger als sie es bei der schmalen Gestalt gewohnt war aber sie klang angenehm, auch wenn nicht zu überhören war das sie es gewöhnt war Befehle zu erteilen.
Marcia leckte sich über die trockenen Lippen, sie war noch keine 17 Jahre alt und nichts in ihrem Leben als Straßenkind hatte sie auf eine Konversation mit einer derartigen Dame vorbereitet. Also nickte sie nur und griff in den Schatten neben sich. Dort lag ihre kleine Tochter und schlief, offensichtlich wie sie noch ganz erschöpft von der Geburt.
Der dunkel gekleidete Herr mit den grauen Strähnen im braunen Haar, der die Dame hereingetragen hatte, wollte sich gerade auf sie zu kommen, um ihr das Kind abzunehmen. Aber Marcia zuckte weg und machte sich selbst unter Schmerzen auf zu der Dame. Sie wollte ihre Tochter gerne selbst an die Frau übergeben, die sie einmal Mutter nennen würde.
Der Mann wollte einschreiten, wurde aber nur mit einem Blick von der Dame zurück gehalten. So legte Marcia ihr persönlich das kleine Bündel in den Arm. „Ich habe eine Bitte.“ flüstert sie, die Augen erst auf das Kind, dann auf die Dame gerichtet. Diese schien das erwartet zu haben, ihr Blick war nicht mehr so freundlich von noch eben gerade. „Ich weiß das ihr Euch besser um sie kümmern werdet als ich es je könnte, dafür bin ich dankbar. Aber sie wird vermutlich alles sein was ich einmal dieser Welt hinterlasse, deswegen wollte ich Euch bitten sie ebenfalls Marcia zu nennen.“ Bei diesen Worten nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, um dem Blick der Dame stand zu halten. Die wirkte eher überrascht, als hätte sie etwas völlig anderes erwartet. Sie nickte, als würde sie verstehen. „Dann soll Ihr Name Marcia sein.“ Marcias Gesicht zeigte nichts als Freude und Dankbarkeit. Einen Moment zögerte sie noch, betrachtete das Baby, das auf dem  Arm seiner neuen Mutter einfach weiter schlief. 'Dir wird es gut gehen', dachte sie bei sich 'Du wirst Hunger, Kälte und Elend nicht kennen lernen müssen. Sie Dir die Dame an, Du wirst die teuersten Kleider tragen und all die Dinge lernen, von denen ich keine Ahnung habe. Gesegnet seist Du und Deine neue Familie“. Bei dem Gedanken stiegen ihr die Tränen in die Augen aber sie zog sich wieder auf das Bett zurück.
Die Dame nickte nur dem dunkel gekleideten Herren zu und er trug die Dame mit dem Baby auf dem Arm hinaus, während Thier hinter ihnen her schlawenzelte.

Kassandra Disavio war froh aus dem Loch heraus und wieder in der Kutsche zurück zu sein. Martas, Ihr Leibwächter und engster Vertrauter, rief dem Kutscher zu das er sich beeilen soll, bevor er die Wagentür zuschlug. Große Güte, was für Verhältnisse. Aber Constantin hatte sie ja gewarnt, sie hatte sich dafür entschieden das Kind selbst zu holen.
Constantin war ihr Mann, auch wenn ihre Ehe wohl selbst unter den Vernunftehen als unkonventionell gelten dürfte. Sie hatte ihn vor 5 Jahren auf einem Ball kennen gelernt. Wobei kennen gelernt das falsche Wort war, sie hatte ihn beobachtet. Allein mit ihm zu Reden wäre einem Vaux Pas gleich gekommen, denn es war offensichtlich das er keine Ahnung hatte was Manieren waren oder wie man sich in den höheren Kreisen bewegte.
Sie hingegen war damit aufgewachsen, kam aus einem alten Adelsgeschlecht. Von Kindheit an waren ihr Benehmen, Konversation, Tanz, Politik und auch die Machenschaften und Zusammenhänge der hiesigen Gesellschaft beigebracht worden. Nun, Tanz nach ihrem Unfall natürlich nicht mehr. Bitter betrachtete sie ihre nutzlosen Beine. Als der Priester ihr sagte das er nichts für sie tun könnte hatte er ihr als kleines Bonbon dazugelegt das sie auch nicht in der Lage sein würde Kinder zu bekommen. Es gab Frauen die ihre Beine nicht bewegen konnten aber trotzdem noch Leben schenken konnten. Nicht mal das hatten die Götter ihr gelassen.
Damit war sie in der Achtung von praktisch jedem Mann der höheren Gesellschaft nichts mehr wert. Ein junges adliges Mädchen war zum verheiraten da. Es wurde eine Allianz der Familien geschlossen, besiegelt durch das gemischte Blut in den gemeinsamen Nachkommen – wer wollte schon eine Frau die keine Nachkommen gebären konnte. Ganz besonders im Adel, wo die Blutlinie doch so wichtig war.
Und so wurde sie war von den Empfängen usw. nicht ausgeschlossen aber es bemühte sich natürlich auch kein Mann um sie. Kassandra haderte eine Weile mit ihrer Situation. Aber sie war kein Mensch der leicht aufgab. Und sie machte eine interessante Entdeckung: Da sie jetzt sowas wie eine Unberührbare war beachteten sie alle wesentlich weniger. Wenn sie sich ruhig verhielt fiel es ihr sehr viel einfacherer als früher Dinge zu erfahren, von denen die anderen vermutlich lieber gehabt hätte das sie niemand erfährt, sei es nun von den Angestellten oder von den Menschen selbst, von denen sich einige angewöhnt hatten sie zu übersehen als sei sie Teil der Einrichtung.
In dieser Phase lernte Kassandra fiel aber übersehen zu werden gefiel ihr nicht besonders. Und so beobachtete sie den tölpelhaften Constantin Disavio und faßte einen Plan. Am nächsten Tag machte sie ihm die Aufwartung. Das war eigentlich gegen die Etikette aber sie bezweifelte das er das merken würde oder jemandem aus der höhere Schicht erzählen könnte, selbst wenn er das wollte.
Constantin Disavio war ein Händler. Sein Vater soll Marktschreier gewesen sein und er soll dann das Geschäft in einer Form, Art und Weise ausgebaut haben, das sich einige der Adligen jetzt bei ihm Geld borgen mußten, was auch erklärte warum er auf dem Ball eingeladen gewesen war – man hatte es ihm nicht abschlagen können. Was für ihren Plan sprach, denn er hätte darauf kaum bestanden wenn er nicht höher hinaus wollte. Und er mußte klug sein, wenn das Gerücht über seinen Vater stimmte. Aber das waren leider nur Gerüchte, Martas hatte sich für sie umgehört aber nichts über eine Familie Disavio herausgefunden. Es würde sie nicht wundern wenn der Name nicht echt war aber das war ihr egal. Sie wollte ja nicht seinen Namen, sie wollte ihm ihren anbieten. Jedenfalls indirekt.
Und so saß sie einem ziemlich überraschten Constantin gegenüber, der sie mit gerunzelter Stirn betrachtete. Immrhin ein guter Anfang, er versuchte nicht sich einzuschmeicheln, ihr offensichtlich falsche Komplimente zu machen oder behandelte sie von oben herab. Er wartete einfach was jetzt kam. Ein gutes Zeichen.
„Herr Disario, danke das sie mich empfangen. Wenn sie nichts dagegen haben würde ich gerne gleich zum Grunde meines Besuches kommen.“ Er nickte nur. „Danke. So wie ich es sehe brauchen sie Hilfe und ich ebenfalls und deswegen würde ich ihnen gerne ein Geschäft vorschlagen.“ „Was bringt sie darauf das ich Hilfe brauche und noch dazu ihre?“ Sie fragte sich wie viel Direktheit er wohl vertragen konnte aber sie entschied sich nicht die Zeit für seine Gefühle zu nehmen. Wenn er den Handel nicht abschließen wollte würde sie das lieber schneller wissen wollen und sie hatte den Verdacht, so wie er sich verhielt, das er mit großen Höflichkeiten eh nichts anfangen konnte oder wollte. Vermutlich beides.
„Ich war gestern ebenfalls auf dem Ball, sie brauchen Hilfe.“ Seine Augen zogen sich zornig zusammen. „Bevor sie auf mich losgehen, Herr Disario, hören sie sich meinen Vorschlag an.“ Besser sie redete weiter bevor er sich das mit ihrem Besuch anders überlegen konnte. „Sie benötigen eine Einführung in die Gesellschaft, genauso wie Nachhilfe in Etikette, Konversation und den allgemeinen Gepflogenheiten der so genannten guten Gesellschaft. Außerdem würde ihnen die Verbindung zu einem der ältesten Adelsgeschlechter des Landes sicherlich auch die eine oder andere Tür öffnen.“ Er sah nicht mehr so wütend aus, eher neugierig. „Und wie genau sollte ich Ihrer Meinung nach meinen Bedarf in dieser Richtung decken?“ „In dem sie mich heiraten.“ Seine Augenbrauen fuhren in die Höhe. „Natürlich verlange ich keinen körperlichen Vollzug der Ehe, was das betrifft wird es mir herzlich egal sein wie ihre außer ehelichen Aktivitäten aussehen, solange Sie dafür Sorge tragen das nichts davon bekannt wird.“ „Und warum sollte ich das wohl tun, sie heiraten?“ „Weil sie in die höhere Gesellschaft wollen und ich ihnen das ermöglichen kann.“ antwortete sie schlicht. Sie konnte es kurz in seinen Augen aufflammen sehen, sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Er mochte sich schon alles leisten können aber die gute Gesellschaft konnte man sich halt nur sehr bedingt erkaufen.
„Und was habt Ihr davon?“ Er war auf der Suche nach dem Haken, das zeugte von Interesse. „Ganz einfach, als verheiratete Frau ändert sich mein Status und ich kann nicht mehr so einfach übergangen werden.“ Sie würde ihm nicht sagen das sie gerne das große Spiel spielte und vor hatte ihn als ihre Hauptfigur einzusetzten, das würde zu sich mit der Zeit von selbst ergeben.
„Seit Ihr also interessiert?“
Kassandra erinnerte sich an das Hochgefühl, als sie an jenem Tag nach Hause fuhr. Die Details hatten sie geklärt und noch am nächsten Tag begang er (nach ihren Anweisungen) offiziell um sie zu werben. Ihr Familie war gelinde gesagt schockiert aber ihr Vater war froh über den Gedanken sie doch noch unter die Haube zu bekommen und so waren sie ein Jahr später verlobt.
Kassandra hatte Constantin auch erklärt das sie ihm keine Kinder würde schenken können, das sie aber gerne eins aufziehen will. Ihr war es egal ob es ein Bastard vom ihm sein sollte oder einfach nur irgendein Kind, sollte er aussuchen.
Mit den Jahren entwickelten sie eine sehr respektvolle aber auch nach wie vor eher kühl und logische Beziehung zueinander.
Er hatte nie bei ihr gelegen und sie hatte das auch nie vermißt. Aber sie hatte recht mit ihrer Einschätzung gehabt, er war sowohl klug als auch Ehrgeizig. Natürlich konnte die Heirat mit ihr ihn nicht in den Adelsstand heben aber sie öffnete ihm viele Türen und die Etikette hatte er schnell gelernt. Und es zeigte sich das sie im großen Spiel recht gut zusammenarbeiteten, entsprechend steil ging Constantins Karriere bergauf. Noch betrieb er zwar seinen Handel mit so ziemlich allem was man handeln konnte aber mehr und mehr war er vor allen Dingen ein Geldhändler. Der Adel lieh sich gern und reichlich und sein Einfluß wuchs. Aber Constantin wünschte sich mehr Prestige, als diese Form von Einfluß mit sich brachte. Sicherlich konnte sich schon praktisch vom Tag an dem sie ihren Handel abgeschlossen hatten niemand mehr erlauben ihn auf einer Feier zu übersehen. Und schon seit ihrer Hochzeit wurde er sogar gerne eingeladen, kannte man ihn doch jetzt als charmanten Gesprächspartner (die Damen) und geschätzten Geschäftspartner (die Herren). Aber er wollte das die ganze Stadt ihn am besten als Helden feierte. 'Typisch Mann', dachte Kassandra sich und überlegte danach was da wohl passen könnte.
Und so wurde aus Konstantin Disario erster Richter des weltlichen Teils der Gerichtsbarkeit, während die Kleine Penelop Marica Disario im Garten spielte oder Privatunterricht erhielt.
Das Leben für die kleine Tochter die Disarios war einfach wundervoll. Sie hatte alles was ein Kind sich wünschen konnte, die besten Kleider, das beste Essen, die beste Ausbildung. Ihr Mutter achtete sehr darauf das sie in allem gefördert wurde was sie interessierte, sie war nicht der Meinung das sie nur das lernen sollte, was ein junges Mädchen lernte. Und so lernte Penelop auch Dinge wie Armbrust und Bolzen kennen. Sie schoß dabei ausgesprochen gut. Aber natürlich erhielt sie auch das Wissen über Etikette und alles was die Geschichte und die Adelshäuser betraf, wie es sich für eine höhere Tochter gehörte.
Nur Kassandras Familie und Constantin wußten das Kassandra nicht in der Lage war Kinder zu gebären, also hatten Constantin und sie beschlossen so zu tun als wäre Penelop ihr leibliches Kind. Natürlich gab es Gerüchte und Getuschel aber als Penelop 16 Jahre alt war, waren diese praktisch in Vergessenheit geraten. Sie war immer davon ausgegangen das sie die Tochter ihrer Eltern war.
Ihre Mutter eine starke und gebildete Frau, die auf unglaubliche Art das Schicksal  im Rollstuhl meisterte und ihr Vater ein großer Held, der gerade dabei war die Straßen von jeder Art von Kriminalität zu reinigen.
So sah ihr Leben aus, bis zu dem Tag, als DER MANN sie ansprach. DER MANN war groß und kräftig, mit dunklen hinterhältigen Augen. Normalerweise hätte sie sich nie mit ihm unterhalten, er war schlecht gekleidet und er hatte keine Manieren. Er hatte außerdem etwas an sich, was ihr Angst machte, etwas brutales. Doch es schwer DEM MANN nicht zuzuhören, als er sie ansprach und so viele Dinge über ihren Vater wußte. Dinge die er nicht wissen konnte wie z. B. von dessen Halbmond förmigen Narbe auf der linken Schulter, bis zur Brust. Ihr Vater hatte sie ihr einmal gezeigt als sie Angst gehabt hatte weil Martas nicht da war und sie nicht wußte wer sie jetzt beschützen sollte. Erbost hatte er ihr die Narbe gezeigt und gemeint das er genauso gut kämpfen könnte wie Martas.
Gleichzeitig erzählte ihr DER MANN Dinge über ihren Vater, die einfach nicht sein konnten. Über Korruption und Prostitution sprach er, aber sowas verfolgte ihr Vater, das würde er nie tun.
Und dann sagte DER MANN das ungeheuerlichste überhaupt, er sagte ihr das sie nicht das Kind ihrer Eltern sei. Oder mit Sicherheit nicht das Kind ihrer Mutter, beim Vater wäre er sich nicht ganz sicher. Und wenn sie ihm das nicht glauben würde, sollte sie doch mal ihren Status als Disavio nutzen und sich im Gefängnis zu einer Gefangenen namens Marcia führen lassen und ihr tief in die Augen zu sehen, sie, Penelop, hätte nämlich die Augen ihrer Mutter.
An diesem Abend beobachtet Penelop ihre Eltern, betrachtete die Augen der Eltern und betrachtete dann vor dem Zubettgehen eine Stunde lange ihre eigenen Augen im Spiegel.
Zwei Tage später erhielt Marcia unerwarteten Besuch im Gefängnis. Ein junges Mädchen, gekleidete in teure Kleider und mit einer Haltung, die zwar nicht so viel Selbstvertrauen ausstrahlte, wie das der Dame damals, aber trotzdem von guter Erziehung zeugte. Marcia kamen die Tränen. Ihr war klar wer da vor ihr stehen mußte, sie sah dem Mädchen das Marcia gewesen war sehr ähnlich und doch war sie so ganz anders. Und Marcia hätte alles mögliche erwartet aber niemals das sie ihre Tochter noch einmal zu Gesicht bekommen würde.
„Wie schön du geworden bist und wie elegant“ flüsterte sie. Doch genauso gut hätte sie in dem stillen Raum schreien können, trotz ihrer Betäubung, die Penelop empfand als sie die verdreckte Frau vor sich betrachtete, schienen ihre Sinne geschärft.
Die Kleider, die diese Frau vor ihr trug, konnte man nur als Lumpen bezeichnen. Sie meinte außer dem Dreck auch noch Spuren von getrocknetem Blut darauf zu sehen. Ihr bloßen Arme hatten einige blaue Flecken und ihre Füße waren nackt. Ihr Tränen zogen helle Spuren über das verdreckte Gesicht unter dem verfilzten Haar aber die Augen, aus denen diese Tränen floßen, waren klar und leuchteten, als sehe sie eine Lichtgestalt vor sich. Und es waren tatsächlich Augen, die Penelops Augen so ähnlich sahen, ähnlicher als die ihrer Eltern, die sie in den letzten Tagen so oft beobachtet hatte.
Penelop ertrug es nicht, sie drehte sich um und floh. Hinter sich hörte sie nur noch ein „Gesegntest seist Du.“, das sie für den Rest ihrer Tage im Schlaf immer wieder einholen sollte.
Drei Tage später hatte Penelop sich wieder gefangen und wollte Marcia wieder besuchen. Doch der Wächter schüttelte nur den Kopf. „Ich dachte Ihr wüßtet es wart als letzte Freundlichkeit letztes Mal gekommen. Marcia war eine Kriminelle, sie ist gestern hingerichtet worden.“
Auf dem Weg nach Hause fand sie DER MANN. „Tja, das war die gute Marcia. War wirklich ein nettes Mädchen, schade das Du nicht mehr Zeit mit ihr hattest. Alles was sie sich gewünscht hat, als sie Dich abgegeben hat, war das Du ihren Namen erhälst 'Penelop'.“ „Mein zweiter Vorname ist Marcia.“ Darüber hatte sich Penlop bis vor ein paar Tagen nie gewundert, aber die Welt hatte sich komplett gewandelt. Jetzt war alles anders. „Wenn sie so ein nettes Mädchen war, warum wurde sie dann hingerichtet?“ „Tja, siehst Du, sie mußte Geld verdienen und da sie keine Eltern hatte und sich selbst durchbringen konnte, kannst Du Dir denken was das bedeutet.“ Verstädnislos sah Penelop ihn an. „Sie war eine Hure, Kleine. Und Dein sauberer Vater nimmt zwar gerne ihre Dienste in Anspruch aber das nur privat. Geschäftlich will er die Stadt ganz offiziell säubern und da tut es ein Pranger wie früher nicht mehr da ist es gleich der Strick.“ „Mein Vater wußte doch aber nicht das er meine leibliche Mutter aufhängt!“ „Und wie er das wußte, hatte ihr Urteil, mit ihrem Namen drauf selbst unterschrieben. Und er hat sie selbst mit auf die Liste setzten lassen, damit die schön lang wird. Man will ja ein Exempel statuieren.“ „Und was erwartest Du jetzt von mir?“ „Von Dir erwarte ich gar nichts, Kleine. Ich dachte nur Du solltest wissen das Dein Vater Deine Mutter getötet hat. Und solltest Du mal Redebedarf haben, findest Du mich im Hafenviertel, frag nach Thier, dann wird Dir da auch keiner was tun.“
Am Anfang hatte Penelop nicht gedacht das sie ihn je würde wiedersehen wollen. Aber dann hatte sie doch Redebedarf, wollte mehr über ihre Mutter und deren Leben wissen. Erfuhr dabei ganz automatisch mehr über das Leben in der Dunkelheit der Stadt. Und die Dunkelheit zog sie ihn ihren Bann. Es war als hätte sie auf sie gewartet. Und die Wut, die nach der Verwirrung gekommen war, wurde von der Dunkelheit genährt. Ja, ihr Vater war ihr immer etwas kühl vorgekommen. Doch das Ausmaß seiner Kälte wurde Ihr jetzt erst bewußt.
In den folgenden Jahren erschloß sich Penelop, die sich in den dunklen Ecken der Stadt nur Marcia nennen ließ, eine ganz neue Welt. Eine dunkle und brutale Welt aber eine, die sich ihr ganz natürlich erschloß. So als hätte sie ihr anderes Geburtsrecht gefunden. Das Erbe ihrer Mutter. Doch wie ihr Vater es einst mit seinem Erbe gemacht hatte, sie baute ihr Erbe erheblich weiter aus. Sie ließ sich ausbilden – nicht zur Hure, zum Killer. Thier brachte sie zu den richtigen Leuten und sie lernte schnell. Bald brauchte sie Thiers Kontakte nicht mehr, sie hatte jemanden gefunden der ihr alles zeigte was sie lernen wollte. Einen Meister der Assasinengilde. Ihre Wut, die sie gegen ihren Vater verspürt hatte, war erstarrt. Wäre er nicht immer schon eher distanziert zu ihr gewesen, ihm wäre vielleicht aufgefallen wie sehr sie sich veränderte. Ihr Mutter hingegen sichte dahin. So lange hatte der Körper die Nachwirkungen ihres Unfalls ertragen aber nun gab er Stück für Stück auf.
Ihren Tod bedauerte Marcia ehrlich, war sie sich doch sehr sicher das ihre Mutter nichts vom Tod ihrer leiblichen Mutter gewußt hatte. Doch sie trauerte nicht mit der Intensität um sie, die sie selbst erwartet hätte. Am Tag der Beerdigung von Kassandra hatte Marcia bereits 3 Auftragsmorde erledigt und war ein vollwertiges Mitglied der Assasinengilde. Weit mehr als nur ihre Wut waren in ihr erkaltet.
2 Monate bereitete Marcia nach dem Tod von Kassandra alles vor. 2 Monate plante sie und wartete auf den richtigen Moment. Und der kam, ihr Vater gab einen Herrenabend für seine Kollegen aus der weltlichen Gerichtsbarkeit.
Natürlich trug er offiziell noch Trauer aber jeder wußte das Kassandra bereits eine Weile dahin gesiecht war und entsprechend redeten alle nur davon das es für sie eine Erlösung gewesen sei und klopften ihm auf die Schulter. Marcia drehte sich weg um sich das Geheuchel nicht weiter ansehen zu müssen.
Am darauf folgenden Tag machte es allgemein die Runde, im Haus der Disavisos ist etwas schreckliches passiert, die ganze weltliche Gerichtsbarkeit ist getötet worden, in einer Art Massaker, so raunt man. Selbst die, die es aus dem Haus geschafft haben, sollen auf dem Bürgersteig und furchtbaren Schmerzen zusammengebrochen und nach langem Todeskampf gestorben sein. Und Penelop Disario soll verschwunden sein, wer weiß was ihr angetan wurde.
Gleichzeitig tauchte im Hafenviertel eine junge Frau auf mit der man sich lieber nicht anlegt, ihre Augen sind kalt wie der Stahl ihrer Klinge. Sie nennt sich Marcia und die Assasinen nennen sie Banshee – man kann also noch einiges von Ihr erwarten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.